Nichts Besseres weiß ich mir an Sonn-und Feiertagen;
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit in der Türkei
Die Völker aufeinander schlagen.
Goethe, Faust I,2
Weh dem, den der Hafer gestochen! Annegret Kraken-Karrenbauer kribbelt es in ihren Tentakeln im Griff nach der Weltgeltung. Während der Franzmann vom „Hirntod“ der NATO orakelt, scheint AKK der Versuchung auf Vabanque erlegen und Blut am Blitzkrieg geleckt zu haben.
André Wüstner, der Chef des Bundeswehrverbands, tut sich angesichts der Ambitionen der Obersten Befehlshaberin schwer, seinen Ohren zu trauen:
„Wir sind jetzt schon überdehnt“
Im moralschwangeren Buntland hat es sich noch nicht herumgesprochen, daß man Kriege nicht mit Haribo und Nutella führen kann, auch wenn der Ehrgeiz der neuen Verteidigungsministerin Berge zu versetzen scheint.
Defätistische ARD-Journalisten argumentieren:
„Der Vorstoß von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer für einen Nationalen Sicherheitsrat und neue Einsätze der Bundeswehr hat heftige Diskussionen ausgelöst. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels, sagte der „Passauer Neuen Presse“, dass der Armee Gerät und Personal für größere militärische Aufgaben fehle.
Der SPD-Politiker wies daraufhin, dass derzeit 3100 Soldaten in Afghanistan, in Mali und Niger, auf dem Balkan, im Mittelmeer und im Indischen Ozean, in Jordanien und im Irak im Einsatz seien. Dazu kämen weit größere NATO-Verpflichtungen in Europa. „Die Truppe plagen bereits jetzt Engpässe.“
Knarren-Annie ist bei der Truppe immer wieder mit abstrusen Ideen angeeckt, die sie mit niemandem abgesprochen hatte. Sie hat das Restvertrauen der Truppe wohl schon schneller verspielt als dies ihrer Vorgängerin Flinten-Uschi gelang. Brigadegeneral a.D. Dieter Farwick ruft zum zeitnahen Austausch der politischen und militärischen Führung (d.h. Aussitz-Angie und Knarren-Annie) auf. Nicht zuletzt fühlen sich die französischen Partner düpiert. Sie haben weit und breit den einzigen Militärapparat, der die Zeche zahlen könnte, und sie werden von der frankophilen Saarländerin ebenso wenig wie der zuständige Kabinettskollege Heiko Maas konsultiert, obwohl Merkel und Macron sich im Aachener Vertrag zu engsten Konsultationen verpflichtet haben. Paris erklärte schon neulich, bei Knarren-Annies Vorstößen handele es sich um innenpolitische Manöver. Macron bescheinigt vor dem Hintergrund von unkoordinierten Eigenbröteleien dieser Art der NATO den „Hirntod“, woraufhin in Berlin Getroffene HundInnen bellen.
Unser Gastautor Norman Fryre erzählt die Geschichte des Begriffs „Germans to the Front“, dem AKK nachzuhängen scheint.
Im Mainzer Karneval 2019 trat die CDU-Vorsitzende noch als Putzfrau auf und erntete nur bescheidenen Beifall. Jetzt ist die ehemalige saarländische Ministerpräsidentin auch noch Verteidigungsministerin. Kramp-Karrenbauers Fachkenntnis dürfte sich bestenfalls auf die eines bayerischen Landrats beschränken, in dessen Verwaltungsbereich gelegentlich kleinere Übungen der Bundeswehr mit abschließendem Manöverball abgehalten werden, zu dem diese Amtsperson auch als Ehrengast geladen wird.
Nur unter diesem Blickwinkel ist nachvollziehbar, was sie am 21. Oktober aus dem Hut zauberte: die Forderung nach einer internationalen Schutztruppe in Nordsyrien an der Grenze zur Türkei. Dort hatte bekanntlich die türkische Armee auf Befehl ihres Präsidenten Erdogan einen Großangriff gegen das von Türken besiedelte Gebiet begonnen, um dort eine Pufferzone zu errichten, deren Ziel es ist, die auf türkischer Seite lebenden Kurden von ihren Landsleuten auf syrischer Seite zu trennen. Kaum schlugen auf syrischer Seite die Geschosse der türkischen Artillerie ein, gaben dort stationierte US-Truppen Fersengeld und überließen die mit ihnen verbündeten Milizen sowie die Zivilbevölkerung einem ungewissen Schicksal.
Der US-Abzug aus dieser Region ruft die letzten Bilder des Vietnam-Krieges in bittere Erinnerung. Auch damals retteten die US-Einheiten ihre Haut. Ihre bislang verbündeten Saigoner Vietnamesen ließen sie schamlos im Stich. Jetzt sind die US-amerikanischen Panzer, von Kurden beschimpft und mit Kartoffeln beworfen, zu den Ölfeldern im Osten des Syriens abgedreht, mit der Behauptung, diese vor Angriffen des IS schützen zu wollen. Wie sagt doch der Volksmund:
>ein Schelm, wer Böses denkt<.
Die Pufferzone wird derzeit sowohl von türkischen als auch von russischen Truppen geschützt.
Es wird seit Trumps Amtsantritt offenkundig, daß die USA ihre Rolle als Weltpolizist nicht mehr erfüllen wollen und auch nur noch mit Mühe erfüllen können. Daher scheint er das Feld in Syrien räumen zu wollen und dieses Pulverfaß den Russen überlassen. Damit wäre auch eine Schwächung der NATO verbunden – der französische Präsident definiert das als Hirntod der NATO, was die Positionen der Globalisten empfindlich stört. Das wiederum könnte durchaus auch Auswirkungen auf die EU nach sich ziehen, sollte sich dieser neue Kurs der USA durchsetzen. Darum geht es bei dem Vorschlag der Verteidigungsministerin. Sie möchte eine internationale Schutzmacht in dieses Territorium einrücken sehen und damit die NATO in Spiel bringen. Daß dabei auch die Bundeswehr mit einem Kontingent mit von der Partie sein soll, hat die Ministerin durchblicken lassen. Ob nur Bodentruppen oder auch Luftwaffe eingesetzt werden sollen, ist zur Stunde noch offen. Sollte einst in Zusammenhang mit dem Afghanistankrieg, in den auch umfangreiche deutsche Truppen verwickelt waren, da laut Verteidigungsminister Struck
„Deutschland am Hindukusch“
verteidigt werden sollte und der Bundestag der Entsendung von Soldaten in das von Kriegen zerstörte Land zugestimmt hatte, soll Deutschland nach den Überlegungen der unbedarften Ministerin jetzt auch in Kamischli verteidigt werden.
Die Verteidigungsminister der NATO, die sich nur wenige Tage später in Brüssel zusammensetzten, zeigten sich ob der Überlegungen ihrer neuen Kollegin überrascht. Sie war im Alleingang vorgeprescht und wurde insgesamt zurück gepfiffen. Der US-amerikanische Verteidigungsminister betonte, die USA würden auf keinen Fall Bodentruppen schicken, obwohl gerade dieser Staat am Aufbau des IS sich schmutzige Hände geholt hat und die Obama-Regierung die angeblich demokratischen, Assad-feindlichen Kräfte intensiv unterstützt hatte. Die USA haben in den vergangenen Jahren im Nahen und Mittleren Osten viel Porzellan zerschlagen und gebärden sich jetzt als unschuldige Zuschauer. Dennoch ist festzuhalten: Ihre Weltmachtattitude beginnt sichtlich zu bröckeln. Dieser Fingerzeig der politischen Gegenwart sollte keinesfalls übersehen werden. Auch der NATO-Generalsekretär Stoltenberg ruderte bei der Brüsseler Tagung zurück und verwies auf die Zuständigkeit der Vereinten Nationen. Für einen Einsatz mit dem Mandat der UN, der berühmt-berüchtigten Blauhelme spricht man in Fachkreisen von etwa 40 000 Soldaten, die erforderlich wären, um die geplante Pufferzone vor weiteren Ausschreitungen der türkischen Armee zu schützen. Daß dann auch die Bundeswehr gefordert würde, steht außer Zweifel.
Stellt sich zu dem die Frage, ob die deutsche Ministerin nicht auf einen Wink des >tiefen Staatesunverbindlichen < Gesprächskreis kurz-und mittelfristige Probleme und ihre Lösungen erörtert wurden. Zudem hat die neue Präsidentin der EU-Kommission und ehemalige Verteidigungsministerin,Ursula von der Leyen, noch während ihrer Ministertätigkeit eine EU-Armee in Spiel gebracht. Dieses Ziel wird sie mit der ihr eigenen Energie mit Verve weiter verfolgen. So könnten mittelfristig die USA militärisch entlastet werden.
Die Drecksarbeit werden weiterhin die Verbündeten erledigen müssen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass nach dem 11. September 2001 die USA den Bündnisfall ausgerufen hatten und die NATO-Staaten dem US-Verbündeten zu Hilfe eilen mussten. Dieser Bündnisfall ist bis dato noch nicht wieder aufgehoben worden. Der Türkei-Syrienkonflikt könnte durchaus einen weiteren Bündnisfall hervorrufen.
Nicht nur im Rahmen der NATO, sondern vor allem bei Mandaten der UN waren und sind deutsche Soldaten im Einsatz. Starke Kontingente waren auf dem Balkan und in Afghanistan aktiv. Derartige Einsätze, 1990 noch von der Regierung Kohl (out of area) beschlossen, sind keineswegs immer weder in Deutschland noch im Ausland- auf ein positives Echo gestoßen. Mit dem damaligen Beschluss hat Deutschland nunmehr vor drei Jahrzehnten den Grundsatz einer
„Friedensmacht Deutschland“
für immer verlassen und beteiligt sich derzeit an über 20 Einsätzen fast rund um die Welt.

Zu den ersten derartigen internationalen Einsätzen zählte die Entsendung einer internationalen Truppe nach China im Jahr 1900 anlässlich des Boxeraufstandes. Eine Einheit deutscher Marineinfanterie beteiligte sich an der Niederschlagung des Aufstands, dem der deutsche Gesandte Ketteler in Peking zum Opfer gefallen war. Deshalb drängte die deutsche Regierung bei den anderen Mächten darauf, Generalfeldmarschall Graf Waldersee mit der Führung des internationalen Expeditionskorps zu betrauen. Es umfasste bis zu 20 .000 Mann.
Bei den Kämpfen in China entstand am 22.Juni 1900 das geflügelte Wort
„The Germans to the front“
und wird dem britischen General Seymour zugesprochen.
In den bisherigen Auslandseinsätzen nach 1990 hat sich die Bundeswehr weitgehend zurückgehalten. Wird sie jetzt an die vorderste Front geschickt? Bei einem internationalen Auftrag , der vorsieht, an der türkisch-syrischen Grenze für Ruhe und Ordnung zu sorgen und die Streithähne auseinander zu halten, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob Deutschland und seine miserabel ausgerüsteten Berufssoldaten einen derart schwierigen Einsatz überhaupt bewältigen können. Die politische Frage ist noch offen, ob man mit einem Mandat der UN diese Pufferzone bewachen will oder ob man mit einem Auftrag der EU in den Nahen Osten aufbrechen muss. Wie auch immer, der Vorstoß der Verteidigungsministerin war und ist unglücklich, wird zu weiteren Turbulenzen zwischen Türken und Kurden in Deutschland führen. Diese Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Ethnien könnten sich zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen in Deutschland ausweiten.
Gerade diese innenpolitisch brisanten Fragen bedürfen einer sorgfältigen Behandlung. Sicher werden die Mehrheitsparten für einen Einsatz deutscher Soldaten im Bundestag stimmen. Die Atlantikerfraktion quer durch alle Parteien hat fraglos die besseren Karten, aber keineswegs die besseren Argumente. Ohne die Kosten für einen solchen Einsatz abschätzen zu können, würde der deutsche Steuerzahler mit erheblichen Beträgen belastet.
Wenn dieses Thema in absehbarer Zeit im Bundestag behandelt wird, schlägt die Stunde der Oppositionsparteien. Dabei sollte nicht nur die Linke , sondern auch die Rechte gegen einen Einsatz stimmen und auch daran erinnern, dass 1920 die Siegermächte des Ersten Weltkriegs, durch den Frieden von Sèvres verbunden mit der Zerschlagung des Osmanischen Reiches und der Bildung mehrerer Kunststaaten für den seit einem Jahrhundert brodelnden Unruhen verantwortlich sind. Dazu gehört nicht Mut, jedoch Zivilcourage.
Anhang
Alexander Solschenizyn sagte in einem Interview April 2006 noch einmal, was er schon bei seiner berühmten Harvard-Rede 30 Jahre früher gesagt hatte:
Die Verwirklichung der Freiheiten
darf nicht so weit gehen,
dass sie die Existenz des Gemeinwesens bedroht
oder die religiösen und nationalen Gefühle beleidigt.